Untersuchung von SMN-RNA/Protein in Fibroblasten von VPA behandelten SMA-Eltern/Patienten
Prof. Dr. Brunhilde Wirth
Institut für Humangenetik
Universität zu Köln
Die spinale Muskelatrophie (SMA) wird in ca. 94 % durch homozygote Deletionen/Genkonversion des survival motor neuron Gens (SMN1) verursacht, wobei jeder SMA-Patient zwischen 1 und 4, selten auch mehr SMN2-Kopien aufweist. Die korrekte Prozessierung der SMN2-prä-mRNA wird durch die Zerstörung eines exonischen Spleißverstärkers im Exon 7 beeinträchtigt, wodurch es vorwiegend zu inkorrekt gespleißten SMN2-Transkripten kommt. Diese Δ7-SMN2 Transkripte kodieren für ein trunkiertes, instabiles SMN-Protein. Ca. 10 % der Transkripte werden korrekt gespleißt und produzieren full-length (FL)-SMN2-Transkripte, die für ein mit dem SMN1 identischen Protein kodieren. Wir konnten bereits zeigen, dass Valproinsäure (VPA), ein Histon-Deacetylase-Inhibitor, eine signifikante Heraufregulation der/des SMN-RNA/Proteins in unterschiedlichen Zellsystemen, und zwar in a) primären Fibroblastenkulturen von SMA-Patienten, b) kultivierten Gehirnschnitten der Ratte und des Menschen und c) Motoneuronen der Ratte, die aus embryonalen Stammzellen differenziert wurden, bewirkt. An der Heraufregulation sind vermutlich drei Mechanismen beteiligt: Aktivierung der SMN-Transkription über den Promoter, partielle Wiederherstellung des korrekten SMN2-Spleißens sowie Beeinflussung der Translation und Stabilisierung des SMN2-Proteins. Weiterhin haben wir durch Studien mit VPA an SMA-Anlageträgern und Patienten zeigen können, dass VPA bei einem Teil der SMA-Anlageträger und SMA-Patienten auch in vivo zu einer Heraufregulation der/des SMN-RNA/Proteins führt. Unter den 20 mit VPA behandelten SMA-Patienten zeigten 1/3 eine Heraufregulation, 1/3 keine Veränderung und 1/3 eine Herunterregulation der FL-SMN2-Transkripte. Bei den SMA-Anlageträgern wurde sowohl die SMN-RNA als auch das SMN-Protein vor und während der Therapie gemessen; sieben von zehn Probanden zeigten erhöhte Spiegel an FL-SMN-RNA und SMN-Protein.
Interessanterweise fanden sich dabei Unterschiede zwischen der Expression auf RNA- und auf Proteinebene. So z.B. war in einem Fall keine Heraufregulation der RNA zu beobachten, jedoch eine 13-fache Aktivierung auf Proteinebene. In zwei weiteren Fällen wurde eine massive Heraufregulation des trunkierten SMN-Proteins festgestellt.
Im Rahmen dieses Projektes möchten wir in einem zweiten Zellsystem die Ergebnisse aus dem Blut überprüfen. Hierzu sollen primäre Fibroblastenkulturen von den jeweils 10 SMA-Eltern und 20 SMA-Patienten etabliert werden, die mit VPA bereits therapiert wurden. Nach VPA-Behandlung der Fibroblastenkulturen sollen der jeweilige RNA- und Proteinspiegel sowie die Anzahl der gems analysiert werden. Ähnliche Ergebnisse in beiden Zellsystemen, würden dafür sprechen, dass in zukünftigen klinischen Studien, das wesentlich zugänglichere Blutsystem als Biomarker eingesetzt werden kann. Unterschiedliche Ergebnisse allerdings würden dafür sprechen, dass beide Zellsysteme begleitend zu klinischen Studien getestet werden müssten, um herauszufinden welches eher mit der klinischen Antwort korreliert.
Zusätzlich soll mittels Hybridisierung von Affymetrix Microarrays mit RNA der Patienten herausgefunden werden, welche Gene bzw. Pathways in VPA-Respondern und Non-Respondern differentiell exprimiert werden und somit für die SMN-Herauf- bzw. Herunterregulation unter VPABehandlung verantwortlich sind.